Absage des Jugendmaskenzuges 2022

Liebe Kinder, Jugendliche, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer,
Erzieherinnen und Erzieher,

 

vor einigen Wochen hatte der Verkehrsverein Mainz bei ihnen angefragt,
ob sie Interesse daran hätten, mit einer Gruppe am Jugendmaskenzug 2022
teilzunehmen. Etliche Schulen und Kindergärten haben auch Gruppen bei uns
angemeldet, wofür wir ihnen hier einmal unseren herzlichen Dank aussprechen
möchten.

 

Die Abfrage fand aber zu einer Zeit statt, als für uns nicht erkennbar war,
mit welcher Heftigkeit sich die vierte Coronawelle ausbreiten würde.

Nun, gegen Ende November, hören wir von täglich steigenden Zahlen, und ein
Ende der Inzidenzkurve ist nicht abzusehen. Wir haben uns daher schweren
Herzens entschlossen, den Jugendmaskenzug 2022 nicht durchzuführen.

Wir können es nicht verantworten, mit zwei bis dreitausend vorwiegend ungeimpften Kindern und Jugendlichen durch die Stadt zu ziehen, die Gefahr einer Ansteckung wäre zu groß. Außerdem würden derart hohe Anforderungen in Bezug auf Zuschauer, Kontrollen, Absperrungen etc. auf den Verkehrsverein zukommen, die von uns im Ehrenamt kaum zu stemmen wären.

 

Wir hoffen auf ihr Verständnis, es geht uns um den Schutz der Kinder und Jugendlichen, die Ihnen anvertraut sind. Der Jugendmaskenzug gehört zu dieser Stadt, zu unserer Fassenacht und er wird auch wiederkommen. Bleiben sie uns daher treu in der Hoffnung, dass wir uns 2023 in einem bunten und unbeschwerten Jugendmaskenzug wiedertreffen.

 

Bis dann wünschen wir ihnen alles Gute, bleiben sie alle gesund, kommen sie gut durch die Pandemie in das neue Jahr und begehen sie ein friedliches und besinnliches Weihnachtsfest.

 

 

Herzliche Grüße

 

Kurt Merkator                                                                 Cathrin Tronser

1 Vorsitzender                                                                 Arbeitsgemeinschaft Mainzer Strassencarneval

Verkehrsverein Mainz e.V.                                           Verkehrsverein Mainz e.V.

3. Quartal 2019: Der Wachskünstler Tusar

Unser Mitglied des Quartals

Der Wachskünstler Tusar

Einer der letzten seiner Art

 

Wer einmal an der Ampel vor dem Münsterplatz in der Binger Straße steht und nach rechts schaut, der sieht ein silbernes Tor mit der Aufschrift „Kerzen und Wachswarenfabrik, gegr. 1837, Ad Lorenz Werner Wwe“. Die meisten Menschen fahren oder gehen vorbei, aber die Toreinfahrt führt in ein handwerkliches Kleinod, in dem Wachs zu Kerzen verarbeitet wird. Wer eintritt hat den Eindruck die Zeit sei stehen geblieben. Es ist warm, der Geruch von Wachs liegt in der kleinen Werkhalle, überall Berge von Kerzen, Wachs, in Ehren gealterte Handwerksgeräte, Möbel der 50er Jahre im Büro und hinter dem Schreibtisch sitzt Franz-Hubertus Tusar und erzählt, wie er hier seit 50 Jahren Kerzen von Hand herstellt.

Der Ursprung der heutigen Kerzenmanufaktur liegt im 18. Jahrhundert in der Nähe der Quintinskirche, möglicherweise im ehemaligen Kultlokal „Flehlappe“.  Gründer Adam Lorenz Werner war Küster, Glöckner und Brandwächter in St. Quintin. Kirchen und Klöster brauchten Kerzen in der vorelektrischen Zeit und viele bauten ihre eigene Produktion auf. Der Betrieb wanderte irgendwann in die Binger Straße und Vater August Tusar, eigentlich gelernter Schneider, ist dann in den 30er Jahren in den Betrieb eingestiegen und hat ihn 1944 übernommen. Ein Jahr später kam erst einmal das Aus, das Gebäude wurde beim großen Angriff auf Mainz total zerstört. Man behalf sich mit einem Notbetrieb im Fort Gonsenheim, baute wieder auf und nahm die Kerzenherstellung 1949 wieder auf.

Franz-Hubertus Tusar stieg schon mit 15 Jahren in den Betrieb ein. Er musste seine Mutter unterstützen, der Vater war früh gestorben. Die Ausbildung als Kerzenmacher machte er im eigenen Betrieb und schloss sie ab mit der Prüfung an der Bayrischen Wachszieher-Innung in München. Der Beruf ist heute ein aussterbender Beruf. Aktuell sind in ganz Deutschland gerade einmal 12 Kerzenmacher in Ausbildung.

Hergestellt werden in der Binger Straße Kerzen aller Art, Schwerpunkt liegt auf dem kirchlichen Bedarf. So werden etliche Mainzer Kirchen wie der Dom, die Augustinerkirche oder das Kloster Marienthal mit Altarkerzen und Opferkerzen beliefert. Alleine der Mainzer Dom erhält 4 000 Opferlichter in der Woche. Bei besonderen Ereignissen, die die Menschen bewegen, wie der 11.September, der Tod Kardinal Lehmanns oder der des Papstes steigt der Bedarf an Opferlichtern rapide an. Für Privatkunden werden handwerklich wertvolle Kerzen zur Taufe, Kommunion, Konfirmation, zu Geburtstagen oder diverse Schmuckkerzen nach individuellen Wünschen gefertigt und von der Schwester, Maria-Theresia Tusar in akribischer Handarbeit beschriftet und verziert.

Die Herstellung der Kerzen bedient sich verschiedener Verfahren. Da ist zum einen das Ziehen der Kerzen, zum Beispiel der Altarkerzen. Nach einem uralten Verfahren werden Kerzen zwischen 3 und 6 cm Durchmesser zu langen Stücken verarbeitet, indem der Docht auf zwei Räder aufgewickelt und dann für die 6 Zentimeterkerzen über 6 Stunden bis zu 400 mal durch eine Wachswanne gezogen wird, bis die Kerzenschlange die gewünschte Dicke erreicht hat. Dickere Kerzen stellt der Kerzenmacher her, indem er einen Stab mit Docht langsam mit flüssigem Wachs übergießt, die so entstehende Schicht auskühlen lässt und diesen Vorgang so lange wiederholt, bis die Wunschdicke erreicht wird. Diese handwerkliche Kerzenmacherei hat sich im Prinzip seit der Zeit Karls des Großen nicht verändert. Herr Tusar berichtet, dass besonders dicke Kerzen aufgrund ihres Gewichtes schwer herzustellen sind. Spitzenreiter bei dicken Kerzen waren bis vor einiger Zeit – siehe da – die Finther. Der frühere Finther Pfarrer wünschte 20 cm dicke Kerzen für seinen Altar, die gibt es sonst nur noch im Kölner Dom.

Fehlt noch das Gießverfahren. Flüssiges Wachs wird in Formen gegossen, in die Dochte eingespannt sind. So kann man unterschiedliche Arten von Wachs kombinieren oder ausgefallene Formen erzeugen. Produktion für die Altarkerzen ist die Zeit ab Januar. Einen Tag von Maria Lichtmess liefert Franz-Hubertus Tusar den Jahresbedarf beim Dom an, damit diese am nächsten Tag in der Kerzenweihe feierlich geweiht werden.

Zum Schluss noch das, was die Kunst der Manufaktur Tusar einmalig macht: Der Newweling.

Behauptet jemand, sie oder er sei echter Mainzer, dann stelle ihm oder ihr die Frage, was ein Newweling ist. Nur wer diese Frage korrekt beantwortet, geht als Mainzer durch. Hier die Hilfestellung für Neumainzer:

Der Newweling ist eine Kerze in Kegelform, die aus spiralförmig gedrehten und mit buntem Kerzenwachs überzogenen Dochten besteht. Den Newweling gibt es nur in Mainz, nur die Manufaktur Tusar stellt im Oktober ca. 800 Exemplare her, die echte Mainzer zum Totengedenken an Allerheiligen und Allerseelen auf die Gräber stellen. Gekauft werden kann er in der Binger Straße und an Allerheiligen auf dem Hauptfriedhof. Die drei Millimeter dicken Wachsschnüre werden von Frau Tusar von Hand um einen Holzkegel gewickelt. Noch heute gebräuchliche Verwandte sind die Wachsstöcke, zu einem Block gewickelten Wachsschnüre, in denen sich ein Kerzendocht befindet. Diese – noch heute in Bayern anzutreffen – wurden gesegnet und verschenkt oder wurden in der vorelektrischen Zeit benutzt, um Licht in die Stube oder auch in die dunkle Kirchenbank zu bringen. Die Herkunft des Mainzer Gegenstücks ist unklar, erstmals erwähnt wurde der Newweling 1367 in einer Urkunde von Frau Richildis von Sobernheim, die zwanzig Pfund Wachs kaufte und anordnete, dass am 1., 7. und 30. Tag nach ihrem Tod „in cereis et in nebeling“, Kerzen auf dem Altar und Nebelinge auf ihrem Grab abzubrennen seien.  Dies ist auch ein Hinweis auf die Namensgebung. Newwel ist das Mainzer Wort für Nebel und Nebel ist das Kennzeichen des Monats November. Stellt Herr Tusar irgendwann seine Kerzenmacherei ein, wird es auch keinen Newweling mehr geben.

Die Zukunft der Kerzenmacherei ist schwierig. Die Mehrheit der Kerzenkäufer kauft billige Kerzen aus Asien oder gepresste Kerzen aus Großfabriken beim Discounter. Steigende Energiekosten und die heißen Sommer, mit höheren Anforderungen an die Kühlung treiben die Betriebskosten in der kleinen Manufaktur.

Erst wenn die letzten Kerzenmacher wie Franz-Hubertus Tusar ihr Handwerk einstellen, werden wir merken, was uns fehlt. Eine Nachfolge ist nicht in Sicht. Solange er aber da ist, besuchen sie seinen kleinen Betrieb im Hinterhof der Binger Straße 7 und gönnen Sie sich handgemachte Kerzen oder bestellen sie individuelle Schmuckkerzen als Geschenk für Freunde, bei Taufen in der Familie, als warmes Licht für das eigene Heim oder als Mainzer den Newweling für das Familiengrab.

Der Verkehrsverein Mainz ist stolz, Herrn Tusar als treues Mitglied in seinen Reihen zu haben.